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Abitur vor 90 Jahren – Drei Abiturklausuren aus dem Jahr 1934 unter der Lupe

Verbreitung von NS-Gedankengut in der Abiturientia 1934 und Ansichten des beurteilenden Lehrers

v.l.n.r.: Herr Fahrun, Timo Kirchesch, Wolf Schwarz, Louis Kandsorra, Luca Wollny, Vincent Krauß, Luca Lutsch

Jedes Jahr machen viele Schülerinnen und Schüler ihr Abitur am StGH, doch wie sah das Abitur am StGH im Jahr 1934 aus? War das NS-Gedankengut nach der im vorherigen Jahre erfolgten „Machtergreifung“ Hitlers schon zu den Schülern durchgedrungen? Wie stand der Lehrer zu diesem? Mit diesen Fragen haben wir uns im Geschichtsleistungskurs der Q2 am Beispiel von drei Klausuren aus dem Jahr 1934 auseinandergesetzt. Das StGH war damals allerdings noch nicht ganz das StGH wie wir es heute kennen.
Schulentwicklung zwischen 1897 und 1937
Das heutige StGH wurde 1897 als katholische Rektoratsschule für Jungen gegründet und war ab dem 01.05.1901 in kommunaler Trägerschaft. Danach wurde es 1912 zum Realprogymnasium erweitert und nahm ab dem Jahr 1920 auch Mädchen auf. Die ersten Prüfungen zur „Mittleren Reife“ (Abschluss nach der 10. Klasse) wurden im Jahr 1922 abgelegt. Durch den Stadtrat wurde 1926 das Realprogymnasium zum Realgymnasium ausgebaut, was die ersten Abiturprüfungen im Jahr 1930 ermöglichte. 1937 wurde die Schule in „Deutsche Oberschule“ umbenannt und die Schulzeit wurde auf acht Jahre verkürzt. (vgl. Rudolph & Scheer, 1976)

Das untersuchte Quellenmaterial
Als Material liegen drei von insgesamt 13 Abiturklausuren aus dem Jahr 1934 aus dem Archiv des StGH vor. Zu dieser Prüfung traten sieben männliche und sechs weibliche Abiturienten an. Die Prüfungsfächer waren Deutsch (13/13), Mathematik (13/13), Englisch (13/13), Latein (12/13) und Französisch (1/13). Die Benotung erfolgte in vier Notenstufen: Sehr gut, gut, genügend und nicht genügend. Die untersuchten Arbeiten stammen aus den Prüfungen im Fach Deutsch. Es liegen hier Arbeiten mit den Notenstufen gut, genügend und nicht genügend vor. Folgende Themen standen dabei für das Abfassen eines Aufsatzes zur Wahl:

  1.  Die Folgen der Industrialisierung für Deutschland, vom heutigen Standpunkte aus gesehen (8/13)
  2. Welche Kunstwerke haben während meiner Gymnasialzeit nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht? (3/13)
  3. Das Erlebnis unseres Winterferienlagers im Sauerland. Es kann geschildert werden: a. Das Erlebnis der Landschaft b. Das Erlebnis der Gemeinschaft (1/13)
  4. Nacherzählung eines einmal vorgelesenen Textes mit eigener kritischer Stellungnahme zu seinem sachlichen Inhalt (Text: Englische Massenkultur (Wilhelm Dibelius: „England“, 2. Band S. 200 ff)) (1/13)

Bei den untersuchten Klausuren entschieden sich alle drei Prüflinge für das erste Thema. Die Klausuren wurden vom Leistungskurs aus dem originalen Sütterlin in moderne Maschinenschrift transkribiert und liegen als PDF vor (siehe unten). Rechtschreibung und Zeichensetzung entsprechen denen im Original. Das Transkribieren selbst war für uns sehr anstrengend und hat viele Stunden gedauert. Zuerst mussten wir mit Hilfe von Schrifttafeln und Übungstexten die Sütterlinschrift lesen lernen. Da aber auch jede Handschrift anders ist, dauerte selbst danach das „Lesen“ der Originalklausuren deutlich länger als das Lesen eines in moderner Schrift geschriebenen Textes. Besonders aufgefallen ist uns dabei, dass es in den Klausuren so gut wie keine Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler gab.
Für einen Einblick in die verschiedenen Transkripte finden Sie nachfolgend die Klausuren:
                                Klausur Nr. 1          Klausur Nr. 2           Klausur Nr. 3

Hinweis zum Urheberrecht: Die transkribierten Klausuren bzw. ihr Inhalt dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der Schulleitung des StGH weiterverwendet oder weiterverbreitet werden.

Die vorliegenden Klausuren wurden systematisch nach vier Schwerpunkten analysiert, die Ergebnisse finden Sie hier.