Aktuelles - Artikel

80. Holocaust-Gedenktag

Die Jahrgangsstufe 10 stärkt unsere Erinnerungskultur

„Historia magistra vitae [est]“ – Cicero, de oratore II 36 (55 v. Chr.)

Schon Cicero betitelte die „Geschichte als Lehrmeisterin des Lebens“. Dass dieser Grundsatz in jüngster Zeit wieder an Bedeutung verliert, zeigen nicht nur der Aufschwung der AFD sowie menschenverachtende Aussagen von Politikern, sondern auch antisemitische Angriffe in und außerhalb des Kontextes des Palästina-Konflikts. Die Parallelen zu Beginn der im Nationalsozialismus sukzessiven Ausgrenzung von „Andersdenkenden“ mit dem Kulminationspunkt der industriellen Ermordung von 6 Millionen Menschen – darunter unter anderem Juden und Jüdinnen, Sinti und Roma, Homosexuelle und Beeinträchtigte – sind alarmierend. Vor diesem Hintergrund und anlässlich der 80 Jahre zurückliegenden Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, in dem innerhalb von nur fünf Jahren ca. 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen ermordet wurden, gedachte das Städtische Gymnasium Herten der Opfer. Der unter Leitung der Lehrkräfte von Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen gestalteten Gedenkfeier wohnten 600 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte umliegender Schulen bei. Dabei lag der historische Zugang vor allem in der personenbezogenen Beleuchtung zentraler Rollen in Ausgrenzungsprozessen, mit besonderem Fokus auf deren Motivation ihres Handelns.

Nach einsteigender historischer Kontextualisierung führte die 10a ein fiktives Bühnenspiel mit dem Titel „April 1933 – auf welcher Seite stehe ich?“ auf. In diesem trafen sich drei Freundinnen zu unterschiedlichen Zeiten im Kontext der sukzessiven Ausgrenzung von Jüdinnen und Juden nach Hitlers Machtübernahme. Dabei repräsentierten die drei Freundinnen jeweils die Gedanken von Mitläufern, die sich Gruppenzwängen fügten, von Widersachern, die sich nicht manipulieren ließen, sowie Opfern, die schrittweise aus dem öffentlichen Leben gedrängt wurden.

Im Anschluss daran hinterfragte die 10b, anhand der Beispiele des Lagerarztes Josef Mengele und des Kommandanten Rudolf Höß, die Täterrolle. Die Quintessenz des produzierten Videos mit dem Titel „Auf der Spur der Täter – wer macht sowas?“ lässt sich mit Hannah Arendts - eine Deutsch-Jüdin, die den Eichmann-Prozess verfolgte - Worten „Die Banalität des Bösen.“ treffend wiedergeben. Die Beispiele Mengele und Höß zeigten, dass jeder unter bestimmten Umständen zum Täter werden kann.

Abschließend examinierte die 10d die Triebkräfte von Widerstandskämpferinnen, die angesichts drohender Todestrafen, nicht nur enormer Mut einte. Neben Gisella Perl - einer jüdisch-rumänische Häftlingsärztin, die nicht nur schwangere Frauen durch Schwangerschaftsabbrüche vor den häufig tödlich endenden Experimenten Mengeles schützte, sondern auch Häftlinge durch Manipulation „arbeitsfähig“ diagnostizierte und damit vor der tödlichen „Selektion“ bewahrte – standen die christlich-deutschen Geschwister Scholl im Vordergrund zweier produzierter Videos mit dem Titel „Zwischen Hoffnung und Verzweiflung – was treibt Widerstandskämpferinnen an?“. Organisiert in der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ machten unter anderem Hans und Sophie Scholl es sich zur Aufgabe, die Bevölkerung auf vielfältige Weise aufzuklären. So unterschiedlich die Beispiele, so ähnlich die Motive, die in Perls und Sophie Scholls sinngemäßen Aussagen deutlich werden:

  • „Die Nazis versuchten uns jegliche Würde zu nehmen, die Menschlichkeit konnten sie uns nicht nehmen.“ – Perl in ihrer Autobiographie
  • „Es lebe die Freiheit.“ – Sophie Scholl vor ihrer Hinrichtung

Zusammenfassen lassen sich die Aussagen zu ihren Triebkräften als Bewahrung von Menschlichkeit und damit einhergehende Werte inmitten von Unmenschlichkeit.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Bewahrung der Erinnerungskultur an den Holocaust für unsere Schule eine zentrale Aufgabe ist. Die Aufklärung der Schülerinnen und Schüler spielt dabei eine essenzielle Rolle, damit die schrecklichen Verbrechen der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten. Gerade heute, in einer Zeit, in der das Motto „Nie wieder ist jetzt!“ aktueller denn je erscheint, ist es unsere Verantwortung, aktiv gegen das Vergessen anzukämpfen. Eine moderne und reflektierte Erinnerungsarbeit ermöglicht es, sich bewusst mit der Geschichte auseinanderzusetzen und daraus für die Zukunft zu lernen – für eine Gesellschaft, die wachsam bleibt und sich entschieden gegen Antisemitismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit stellt.